Professor Bernd Epple entwickelt mit seinem Team an der TU Darmstadt eine mobile CaL-Pilotanlage zur Abscheidung von CO₂ aus Abgasen und testet diese an verschiednen Standorten. House of Energy unterstützt in diesem Projekt "CARMEN" bei der Erprobung und Vermarktung. Beide wurden jetzt von Silvia Rausch-Becker, MBI TrandeNews Emissions interviewt.
31. Oktober 2024 - Seit 20 Jahren beschäftigt sich Professor Bernd Epple , Leiter des Fachgebiets Energiesysteme und Energietechnik der TU Darmstadt, mit der Abscheidung von CO₂. Er hat im Laufe der Zeit nach eigenen Angaben eines der günstigsten Verfahren zur Abscheidung von CO₂ entwickelt und über die Jahre verfeinert: das Carbonate-Looping (CaL). Dabei wird das CO₂ mit Hilfe von Kalkstein in einem Post-Combustion-Verfahren effizient abgeschieden. Nun soll eine mobile CaL-Pilotanlage zur Abscheidung von CO₂ aus Abgasen an verschiedenen Standorten (CARMEN) getestet werden.
Vor Jahren hatte Epple die Technik für Kohlekraftwerke entwickelt, konnte sie aber nicht mehr einsetzen, weil diese in Verruf gerieten und die Abscheidung von CO₂ politisch nicht gewollt war. „Für die CO₂-Abscheidung mussten wir damals auch noch viel Energie aufwenden, von Wärmerückgewinnung war noch keine Rede”, sagte Epple.
Verfahren ist an jeder beliebigen Anlage nachrüstbar
Das sieht mittlerweile anders aus. Die Abgasströme haben eine sehr hohe Temperatur von mehr als 650 Grad Celsius, die Hälfte der Wärme lässt sich wiedergewinnen. Alle möglichen Brennstoffe können eingesetzt werden, von der Kohle bis zur Biomasse. „Der Prozess ist hinsichtlich der zu dekarbonisierenden eintretenden Abgase, deren Qualität, Zusammensetzung und Temperatur vollkommen unempfindlich”, erläutert Epple. Das CaL-Verfahren kann nach seine Angaben an jeder beliebigen Industrieanlage nachgerüstet werden, ohne in den bestehenden Prozess einzugreifen.
Epples Verfahren wird in den kommenden Jahren an fünf verschiedenen Standorten von energieintensiven Industrien aus verschiedenen Branchen wie der Produktion von Zement und Klinker oder der Müllverbrennung testweise eingesetzt. Das Verbundprojekt aus neun Partnern wird unter Leitung der TU Darmstadt bis Oktober 2027 durchgeführt und mit mehr als 5 Millionen Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.
Lange Zeit war es nicht so einfach, Interesse für die CO₂-Abscheidung in Deutschland zu wecken, weil Transport und Einlagerung verboten sind. „Mittlerweile hat CO₂-Management aber einen anderen Stellenwert, der sich noch verbreitern wird”, ist Prof. Dr.-Ing. Peter Birkner vom House of Energy überzeugt. Er unterstützt Epple bei der Erprobung und Vermarktung seiner Erfindung. Auf Bundesebene zeige das Umweltbundesamt in puncto CO₂-Abscheidung, Transport und Lagerung eine skeptische Haltung. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck aber denke anders. „CO₂-Management wird als extrem wichtige Technologie zur Erreichung der Klimaneutralität gesehen”, erläutert Birkner.
Denn grüne Technologien könnten dabei helfen, CO₂ aus der Atmosphäre zu entfernen. Das aber brauche Zeit. Noch würden 85 Prozent des Energiebedarfs weltweit mit Kohle, Öl und Gas gedeckt, in Deutschland seien es rund 78 Prozent. Es sei einfacher, CO₂-Zertifikate zu kaufen als CO₂ abzuscheiden. „Das muss bis 2050 entschärft werden. Dafür sind aber Zwischenschritte nötig. Man kann mit CO₂-neutralen Brennstoffen arbeiten oder geht nach dem Prozess ans CO₂ heran”, erläutert Birkner.
Epple hat sich in kleineren Versuchen in kleinen Anlagen an die ideale Größe herangetastet. „Der Ein-Megawatt-Maßstab brachte den Durchbruch”, berichtet der Professor. Eine Müllverbrennungsanlage mit einer Leistung von 30 bis 40 Megawatt sei direkt auf „Full scale“ gegangen und CaL sei mittlerweile mehr als 4.500 Stunden im Betrieb. Die Demoanlage hat eine Leistung von 10 Megawatt. Von der Wirtschaftlichkeit her sei sein Verfahren eines der günstigsten für die Abscheidung von CO₂, sagte Epple nicht ohne Stolz. Stromerlöse machen das Verfahren wirtschaftlich. Beim Nachrüsten von Gas- und Dampfturbinen ergeben sich entsprechende Vorteile. So seien die Kosten der Abscheidung mit einer mit CaL ausgerüsteten Wasserdampfturbine nach drei Jahren günstiger als mit anderen Verfahren.
Die mobile Anlage wird konzipiert, gebaut und aufgebaut und per Container an den Einsatzort gebracht. Dort wird sie - an die jeweiligen Besonderheiten wie Abgasmenge, CO₂-Konzentration oder verfügbare Fläche angepasst - zwei Monate bei den jeweiligen Projektpartnern eingesetzt.
CaL ist auch für den Export geeignet
„Wir bekommen ständig Anfragen. So hat sich ein Stadtwerk in NRW gemeldet, auch kleinere Unternehmen kommen auf uns zu”, berichtet Epple. Sein Verfahren sei auch für den Export geeignet. Anwender könnten das CO₂ auch aus den Abgasen filtern und speichern und es zur Produktion von Methanol nutzen. Es gebe auch die Möglichkeit zur Pyrolyse und Plasmalyse. Fester Kohlenstoff lasse sich für die Gummiindustrie einsetzen. Im biokatalytischen Verfahren entstehen mit Hilfe von CO₂ und Katalysatoren langkettige Kohlenwasserstoffe wie Dünger oder flüssige Treibstoffe.
Quelle: Silvia Rausch-Becker, MBI TradeNewsEmissions
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